UNESCO-Weltkulturerbe


Sayner Hütte – Auf dem Weg zum UNESCO-Weltkulturerbe

Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Grundlegend war der Gedanke, dass diese Bereiche unserer Gesellschaften auch in der internationalen Verständigung eine friedensstiftende Wirkung entfalten können. Deshalb zählt der Schutz des Kultur- und Naturerbes zu den wichtigen Aufgaben der UNESCO. Um dies zu erreichen, wurde die Idee des Welterbes geboren, die Vorstellung, dass es materielle Zeugnisse von Kulturen und Erscheinungsformen der Natur gibt, die von so großer Bedeutung sind, dass ihr Erhalt im Interesse der gesamten Menschheit ist.

Die Welterbekonvention aus dem Jahr 1972 will dieses Erbe besonders schützen, weshalb die UNESCO eine Liste jener Stätten führt, die über einen außergewöhnlichen universellen Wert verfügen. Jeder Staat kann jährlich einen Antrag auf Aufnahme in diese Liste bei der UNESCO einreichen. Auf sogenannten Tentativlisten sammeln jene Staaten, die die UNESCO-Konvention unterzeichnet haben, ihre Vorschläge für weitere Welterbestätten für einen Zeitraum von 10 Jahren. Im Januar 2024 soll die Fortsetzung der aktuellen deutschen Tentativliste der UNESCO übermittelt werden. In dem nationalen Verfahren der Zusammenstellung dieser neuen deutschen Tentativliste wird jedes Land zwei Bewerbungen vorbringen können. Bis Ende Oktober 2021 muss in den Ländern eine Auswahl für eventuell geeignete Anträge getroffen werden.

Westfront der Gießhalle
Foto: F. Fichtner

Gießhalle Innenansicht
Foto: C. Biegel

Gießhalle
Foto: Klaus Breitkreutz
Dachkonstruktion Gießhalle
Foto: M. Kiehl

Obergaden Gießhalle
Foto: C. Biegel

Blick auf den Hochofen
Foto: Klaus Breitkreutz

Die Stadt Bendorf als Eigentümerin der Sayner Hütte verfolgt das Ziel, die Sayner Hütte für das Welterbe zu nominieren. Diese Idee ist nicht neu. Schon 2014 reichte das Land Rheinland-Pfalz bei der Kultusministerkonferenz einen Antrag ein, die Sayner Hütte in die derzeit gültige deutsche Vorschlagsliste für das UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen. Von 31 eingereichten Anträgen aus dem ganzen Bundesgebiet schafften es damals 9 auf diese Liste. Die Sayner Hütte war nicht unter den ausgewählten Anträgen. Ein Fachbeirat meldete Bedenken bezüglich der Vollständigkeit und Echtheit der Erhaltung des Denkmals an. In der Bewerbung, die sich vor allem auf die Architektur der Gießhalle bezog, vermisste man die Einordnung in einen größeren Kontext.

In den vergangenen sechs Jahren konnten durch die voranschreitenden Sanierungen und damit einhergehenden Grabungen auf dem Gelände, aber auch durch das Auffinden neuer Quellen oder durch das richtige Einordnen bestehender Dokumente die Erkenntnisse zur Geschichte und technischen Ausstattung der Sayner Hütte und ihrer Bedeutung deutlich ausgebaut werden. Aus diesem Grund entschieden sich die Verantwortlichen das Industriedenkmal abermals auf den Weg zum UNESCO-Weltkulturerbe zu schicken.

Denkmalareal 2021, Krupp’sche Halle, Haus Nr. 6 & Comptoir
Foto: Stiftung Sayner Hütte
Denkmalareal 2021, Gießhalle & Krupp’sche Halle
Foto: Stiftung Sayner Hütte

Um eine Stätte auf die deutsche Tentativliste setzen zu können, muss mittlerweile eine vergleichende Studie zu diesem Objekt im Vorfeld des Bewerbungsprozess angefertigt werden. Diese Studie vergleicht das Objekt mit anderen gleichwertigen europäischen oder auch weltweiten Objekten. Es kann so herausgearbeitet werden, ob das Objekt einen außergewöhnlichen universellen Wert besitzt, den sogenannten OUV (Outstanding Universal Value), der für eine Bewerbung als UNESCO-Weltkulturerbe von zentraler Bedeutung ist.

Eine solche vergleichende Studie wurde in den letzten Monaten vom Doktoranten Florian Fichtner von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg für die Sayner Hütte angefertigt. Univ.-Prof. Dr. Helmuth Albrecht, ausgewiesener Experte im Bereich Technikgeschichte und Industriearchäologie sowie selbst erfolgreicher Begleiter der UNESCO-Bewerbung der Montanregion Erzgebirge, begleitete diese Studie und bewertete am Ende den sich daraus möglicherweise ergebenden OUV.

Gießhalle Blick auf den Hochofen
Foto: T. Naethe

Krupp’sche Halle
Foto: K. Breitkreutz

Die Ergebnisse der von Florian Fichtner angefertigten Studie wurden im März 2021 innerhalb eines Expertenworkshops ausführlich diskutiert und ausnahmslos positiv bewertet. Die Bewertung der Studie wurde von Prof. Albrecht im Anschluss Ende März 2021 vorgelegt und bescheinigt der Sayner Hütte das Potenzial zu einem außergewöhnlichen universellen Wert. Dies legt nun die Grundlage für einen Antrag um Aufnahme der Sayner Hütte auf die deutsche Tentativliste.

Die Ergebnisse der von Florian Fichtner angefertigten Studie wurden im März 2021 innerhalb eines Expertenworkshops ausführlich diskutiert und ausnahmslos positiv bewertet. Die Bewertung der Studie wurde von Prof. Albrecht im Anschluss Ende März 2021 vorgelegt und bescheinigte der Sayner Hütte das Potenzial zu einem außergewöhnlichen universellen Wert. Dies legte die Grundlage für einen Antrag um Aufnahme der Sayner Hütte auf die deutsche Tentativliste.

Sowohl der Stadtrat der Stadt Bendorf als auch der Freundeskreis der Sayner Hütte unterstützten diesen Antrag und auch der Vorstand der Stiftung Sayner Hütte befürwortete, dass die Sayner Hütte im landesweiten Auswahlverfahren ins Rennen geht.

So wurde Ende Juni 2021 beim Land Rheinland-Pfalz eine entsprechende Interessensbekundung eingereicht. Anfang September 2021 besichtigte ein Fachgremium vor Ort alle Bewerber, die sich um einen Platz auf der Tentativliste beworben hatten. Es handelte sich dabei neben der Sayner Hütte noch um die Kulturlandschaft Mosel sowie das Mühlsteinrevier RheinEifel.

Obwohl das Fachgremium die Sayner Hütte ausdrücklich als bedeutendes Denkmal der Industrie- und Konstruktionsgeschichte anerkannte, konstatierte das Gremium der Sayner Hütte im Hinblick auf die sehr strengen Statuten der UNESCO und deren strikte Auslegung keine Chance auf einen Erfolg einer Bewerbung.

Der Beirat kritisierte wie folgt:

„Einen OUV jenseits der architektonisch-gestalterischen Bedeutung der Halle zu etablieren, gelingt den Antragstellern nicht. Dabei sind zwei Aspekte von entscheidender Bedeutung: Zum einen sind die unzweifelhaft an der Sayner Hütte zum Einsatz gekommenen technischen Neuerungen lediglich stark fragmentiert erhalten, so dass auch bezogen auf diesen Begründungshorizont die Integrität der Stätte aus Sicht des Fachbeirats nicht in gebotenem Maße gegeben ist. […]

Zum zweiten gelingt es dem Antrag nicht, den Einfluss der preußischen Musterhütte Sayn auf die Entwicklung von Hüttenbetrieben außerhalb Deutschlands zu belegen. Der Fachbeirat geht vielmehr davon aus, dass in anderen Ländern wie Frankreich oder Belgien die Anregungen für Innovationen direkt aus England bezogen wurden. Auch innerhalb Deutschlands bzw. Preußens wurde bei der Begehung vor Ort deutlich, dass die Sayner Hütte zwar vielfach besucht wurde, direkte Übernahmen der dortigen Innovationen jedoch weitest gehend nicht zu beobachten sind.

Zusammenfassend stellt der Fachbeirat fest, dass trotz der bemerkenswerten Architektur und Konstruktion der Gießhalle auch mit dem neuen Ansatz in der Bewerbung der Stätte die Bedenken bezüglich des OUV und der Integrität der Stätte bestehen bleiben. Eine Weitergabe des Antrags an die KMK wird daher nicht empfohlen.“

Das Land Rheinland-Pfalz folgte der Empfehlung und gab Ende Oktober 2021, den Antrag der Sayner Hütte nicht an die Kultusministerkonferenz in Berlin weiter. Diese entscheidet final, welche der eingereichten Vorschläge aus den 16 Bundesländer an die UNESCO-Kommission weitergegeben werden.

PDF- „Bewertung der Welterbewürdigkeit des Denkmalareals der Sayner Hütte in Bendorf/Rheinland-Pfalz“ von Prof. Dr. Helmuth Albrecht zum Download.